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IP-Verletzungsverfahren

Das Vorgehen bei einer IP-Verletzung variiert je nach Schutzrechtsart und verfolgt unterschiedliche Ziele, wie Unterlassung, Schadensersatz oder Vernichtung von Waren. Nachfolgend wird der Prozess einer Rechtsdurchsetzung in Phasen unterteilt und auf die Besonderheiten verschiedener Schutzrechtsarten eingegangen.


Allgemeiner Ablauf

1. Vorbereitung und außergerichtliche Phase

Zeitrahmen: 1–4 Wochen

  1. Sachverhaltsermittlung:

    • Identifikation der Verletzungshandlung (z. B. Vertrieb nachgeahmter Produkte, Verwendung geschützter Designs oder Marken).
    • Beweissicherung (z. B. Screenshots, Kauf und Dokumentation verletzender Produkte).
    • Analyse der Rechtslage und Schutzrechtsinhaberschaft.
  2. Abmahnung oder Berechtigungsanfrage:

    • Versand einer schriftlichen Abmahnung mit Aufforderung zur Unterlassung, Auskunftserteilung und Schadensersatzleistung.
    • Fristsetzung (typisch: 7–14 Tage).
    • In der Abmahnung enthalten: Unterlassungserklärung, Kostennote, Schadensersatzforderung.

Alternative Vorgehensweise: Bei Unklarheit über die Schutzrechtsverletzung kann zunächst eine Berechtigungsanfrage gestellt werden, um die Gegenseite zu einer Stellungnahme aufzufordern, ohne sofort rechtliche Ansprüche geltend zu machen.

2. Einstweilige Verfügung (optional)

Zeitrahmen: 2–8 Wochen

  1. Voraussetzungen:

    • Dringlichkeit (z. B. Gefahr des irreparablen Schadens).
    • Glaubhaftmachung der Rechtsverletzung (durch Beweise wie eidesstattliche Versicherungen).
  2. Verfahren:

    • Antrag beim zuständigen Gericht (z. B. Landgericht in Deutschland).
    • Entscheidung meist ohne Anhörung der Gegenseite (ex parte).
  3. Ergebnis:

    • Sofortiger Unterlassungsbefehl gegen die Gegenseite.
    • Die Gegenseite kann Widerspruch einlegen und eine mündliche Verhandlung erzwingen.

3. Klage in der Hauptsache

Zeitrahmen: 6 Monate bis 3 Jahre (je nach Instanz und Land)

  1. Klageerhebung:

    • Nach erfolgloser Abmahnung oder in Ergänzung zur einstweiligen Verfügung.
    • Geltendmachung von Unterlassung, Auskunft, Schadensersatz und ggf. Vernichtung der Verletzungsgegenstände.
  2. Gerichtsverfahren:

    • Schriftsätze und Beweismittel von beiden Seiten.
    • Mündliche Verhandlung.
  3. Urteil und Vollstreckung:

    • Urteil der ersten Instanz (z. B. Landgericht in Deutschland).
    • Berufung und Revision sind möglich.
    • Vollstreckung der Ansprüche (z. B. Zwangsvollstreckung zur Vernichtung von Waren).


Schutzrechtsarten

1. Markenverletzung

  • Typische Verletzungen: Verwendung eines identischen oder ähnlichen Zeichens für identische oder ähnliche Waren/Dienstleistungen.
  • Besonderheit: Antrag auf Vernichtung markenverletzender Waren (z. B. gefälschte Produkte).
  • International: Bei EU-Marken vor dem EUIPO oder nationalen Behörden; Grenzbeschlagnahmeverfahren bei Zollbehörden möglich.

2. Patentverletzung

  • Typische Verletzungen: Herstellung, Nutzung, Vertrieb eines patentgeschützten Produkts oder Verfahrens.
  • Besonderheit: Technische Gutachten oft erforderlich.
  • International: Verfahren nach dem Einheitspatentgerichtssystem (UPC) oder nationalen Gerichten; parallele Verfahren in mehreren Ländern.

3. Designverletzung

  • Typische Verletzungen: Herstellung oder Vertrieb von Produkten mit einem geschützten Design.
  • Besonderheit: Relativ kurze Verfahren, da die Verletzung oft optisch erkennbar ist.
  • International: Klage vor dem EUIPO für Gemeinschaftsgeschmacksmuster.

4. Geheimnisverletzung

  • Typische Verletzungen: Unbefugte Offenlegung oder Nutzung vertraulicher Informationen.
  • Besonderheit: Beweislast liegt oft beim Rechteinhaber; Unterlassung, Schadensersatz und Vernichtung von Kopien sind Hauptansprüche.
  • International: Oftmals Anwendung von NDA-Verträgen und speziellen Geheimhaltungsgesetzen.

5. Sortenschutzverletzung

  • Typische Verletzungen: Ungenehmigte Nutzung geschützter Pflanzensorten.
  • Besonderheit: Sortenschutzinhaber kann Lizenzgebühren oder Unterlassung fordern.
  • International: Verfahren gemäß UPOV-Übereinkommen (Union zum Schutz von Pflanzenzüchtungen).

6. Urheberrechtsverletzung

  • Typische Verletzungen: Ungenehmigte Nutzung von Werken (z. B. Musik, Texte, Bilder).
  • Besonderheit: Hohe Bedeutung von Schadensersatz; Berechnung oft durch Lizenzanalogie.
  • International: Anwendung internationaler Abkommen wie der Berner Übereinkunft.

7. Wettbewerbsrechtsverletzung (z. B. sklavische Nachahmung)

  • Typische Verletzungen: Nachahmung geschützter Produkte oder unlautere Geschäftspraktiken.
  • Besonderheit: Wettbewerbsrechtlich ergänzende Unterlassungsansprüche neben IP-Rechten.
  • International: Je nach Land unterschiedliche Anforderungen, oft jedoch auf EU-Rechtsrahmen basierend.


Alternative Vorgehensweisen

  1. Lizenzierung statt Klage: Einigung über eine Lizenzvereinbarung kann Rechtsstreitigkeiten vermeiden.
  2. Mediation: Alternative Streitbeilegung zur außergerichtlichen Einigung.
  3. Grenzbeschlagnahme: Zusammenarbeit mit Zollbehörden, um den Import rechtsverletzender Waren zu verhindern.


Besonderheiten im internationalen Rechtsverkehr

  • Harmonisierung: Durch internationale Abkommen (z. B. TRIPS, PCT) sind Verfahren und Rechte international vergleichbar geregelt.
  • Lokale Unterschiede: Nationale Gerichte oder Behörden haben spezifische Zuständigkeiten und Verfahren.
  • Mehrstaatliche Verfahren: Erfordern oft die Koordination mit lokalen Anwälten und parallele Klageerhebungen in mehreren Ländern.

Ein strukturiertes und zügiges Vorgehen ist entscheidend, um die Rechte des Schutzrechtsinhabers effektiv durchzusetzen.

  

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