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Sklavische Nachahmung und Lauterkeitsrecht / Wettbewerbsrecht in der IT

Das Lauterkeitsrecht stellt ein zentrales Instrument dar, um unlautere Nachahmungen in der IT-Branche zu verhindern und die Innovationskraft zu schützen.

Sklavische Nachahmung und ihre Varianten

Die sklavische Nachahmung ist eine Form der unlauteren Wettbewerbshandlung gemäß § 4 Nr. 3 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Sie bezeichnet die möglichst identische Nachbildung eines Produkts, ohne dabei Innovationen oder kreative Eigenleistungen zu erbringen, sodass das Nachgeahmte in der Regel als das Original erscheint.


Arten der sklavischen Nachahmung

1. Identische Nachahmung

  • Definition: Exakte Kopie eines Produkts einschließlich aller Gestaltungselemente.
  • Beispiel: Herstellung eines Smartphones mit nahezu identischem Design wie das eines führenden Herstellers, einschließlich identischer Anordnung von Tasten, Kamera und Logos.
  • Rechtslage: Unlauter, wenn dadurch die Gefahr einer Verwechslung entsteht oder das Originalprodukt durch Rufausnutzung beeinträchtigt wird.


2. Nahezu identische Nachahmung

  • Definition: Das Produkt wird in wesentlichen, aber nicht allen Merkmalen kopiert, sodass es immer noch als das Original erkannt werden könnte.
  • Beispiel: Eine Smartwatch, die das Design einer Apple Watch stark nachahmt, aber leicht abweichende Details aufweist, wie die Form der Krone oder die Größe des Displays.
  • Rechtslage: Unlauter, wenn die Abweichungen nicht ausreichen, um Verwechslungen auszuschließen.


3. Systematische Nachahmung (baukastenartige Nachahmung)

  • Definition: Kopieren eines Produktsystems oder Geschäftsmodells, bei dem Einzelteile oder Funktionen in einem modularen System übernommen werden.
  • Beispiel: Ein Anbieter kopiert das App-Ökosystem eines Plattformbetreibers und bietet ähnliche Dienste in nahezu identischem Design und Funktionsweise an.
  • Rechtslage: Unlauter, wenn das kopierte System als solches Verwechslung stiftet oder die Originalprodukte abwertet.


4. Funktionale Nachahmung

  • Definition: Übernahme spezifischer funktionaler Merkmale eines Produkts, um dessen Erfolg nachzuahmen.
  • Beispiel: Ein Softwareanbieter entwickelt ein Tool, dessen Bedienoberfläche und Workflow stark an ein etabliertes Produkt erinnert.
  • Rechtslage: Unlauter, wenn diese Funktionen nicht rein technisch bedingt und Alternativen möglich sind.


5. Nachahmung mit Irreführung

  • Definition: Kopie eines Produkts, die darauf abzielt, Verbraucher gezielt über die Herkunft oder Qualität zu täuschen.
  • Beispiel: Vertrieb von Laptops mit einem ähnlichen Markennamen, der phonetisch dem eines bekannten Herstellers entspricht (z. B. "Samsong" statt "Samsung").
  • Rechtslage: Klare Irreführung ist gemäß UWG und Markenrecht verboten.


Lauterkeitsrecht in der IT-Branche

Das Lauterkeitsrecht regelt den fairen Wettbewerb zwischen Unternehmen und schützt Marktteilnehmer vor unlauteren Praktiken. In der IT-Branche treten spezifische Tatbestände auf, die aus der Natur der Branche resultieren: Software, Plattformen, Hardware und digitale Dienstleistungen.


Einzelne Tatbestände des UWG mit Beispielen

1. Verwechslungsgefahr (§ 4 Nr. 3 UWG)

  • Definition: Das Nachahmungsprodukt führt dazu, dass Verbraucher es mit dem Original verwechseln.
  • Beispiel: Ein kleines Softwareunternehmen erstellt ein Betriebssystem mit einem Benutzerinterface, das nahezu identisch mit Windows gestaltet ist, einschließlich Startmenü und Desktop-Symbolen.
  • Folge: Unlauter, da der Nachahmer die wirtschaftlichen Erfolge des Originals ausnutzt.


2. Rufausnutzung (§ 4 Nr. 3 b UWG)

  • Definition: Der Nachahmer nutzt den guten Ruf eines Produkts oder einer Marke aus.
  • Beispiel: Ein Smartphone-Hersteller gestaltet das Gehäuse und die Verpackung seiner Geräte bewusst ähnlich wie die von Apple, um von deren Premium-Image zu profitieren.
  • Folge: Unlauter, da der Ruf eines Originals nicht ohne Erlaubnis wirtschaftlich verwertet werden darf.


3. Behinderung des Originals (§ 4 Nr. 3 c UWG)

  • Definition: Der Nachahmer beeinträchtigt die wirtschaftliche Entfaltung des Originalprodukts.
  • Beispiel: Eine Nachahmungs-App blockiert die Funktionalität der Original-App durch Inkompatibilitäten oder unlautere Maßnahmen (z. B. Nutzung derselben API auf nicht erlaubte Weise).
  • Folge: Unlauter, da die Nachahmung den Wettbewerb des Originals behindert.


4. Irreführende Werbung (§ 5 UWG)

  • Definition: Unwahre oder irreführende Angaben, die Verbraucher täuschen.
  • Beispiel: Ein IT-Unternehmen behauptet, seine Software sei kompatibel mit einer bekannten Plattform, obwohl dies nicht der Fall ist.
  • Folge: Unlauter und rechtswidrig.


5. Unzumutbare Belästigung (§ 7 UWG)

  • Definition: Belästigung durch unerwünschte Werbung oder aggressive Methoden.
  • Beispiel: Ein Unternehmen sendet massenhaft unerwünschte E-Mails an Nutzer, um eine Nachahmungs-App zu bewerben.
  • Folge: Verstoß gegen das UWG und Datenschutzrecht.


6. Ausnutzung fremder Leistung (§ 4 Nr. 9 UWG)

  • Definition: Unerlaubte Übernahme von Arbeitsergebnissen, ohne eigene schöpferische Leistung.
  • Beispiel: Ein Wettbewerber kopiert den Quellcode einer Software und vertreibt eine leicht modifizierte Version als eigene Entwicklung.
  • Folge: Unlauter und möglicher Verstoß gegen Urheberrecht und UWG.


Verfahren zur Bekämpfung sklavischer Nachahmung

  1. Außergerichtliche Schritte:

    • Abmahnung mit Aufforderung zur Unterlassung, Schadensersatz und Vernichtung.
    • Einvernehmliche Lösung durch Lizenzierung oder Abstellung des Verstoßes.
  2. Zivilrechtliche Klage:

    • Klage auf Unterlassung, Schadensersatz und Auskunft (§ 9 UWG).
    • Gerichtliche Beweissicherung (z. B. einstweilige Verfügung).
  3. Strafrechtliche Verfolgung:

    • Anzeige bei Staatsanwaltschaft bei vorsätzlicher Nachahmung oder Wirtschaftsspionage.
  4. Internationale Durchsetzung:

    • Verfahren vor internationalen Gerichten (z. B. EUIPO bei Gemeinschaftsmarken und -designs).
    • Nutzung von Grenzbeschlagnahmeverfahren.


Alternativen zu rechtlichen Verfahren

  • Markenschutz durch Innovation: Kontinuierliche Weiterentwicklung von Produkten, um Nachahmern immer einen Schritt voraus zu sein.
  • Technische Schutzmaßnahmen: Einsatz von Technologien wie DRM (Digital Rights Management).
  • Aufklärungsarbeit: Verbraucher über die Nachteile von Nachahmungen informieren.

  

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